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CYANOTYPIE - Das Blaue vom Himmel

Eines der ältesten, einfachsten und zugleich chemisch und physikalisch stabilsten bildgebenden Verfahren überhaupt. Ultraviolett belichtete Eisenverbindungen bringen unter bestimmten Voraussetzungen tiefblaue Niederschläge, Preussischblau / Turnbull, hervor. Gerade weil das Verfahren so primitiv anmutet, beeindruckt der Detailreichtum eines Cyanos immer wieder neu. Zugeschrieben wird die Entdeckung des Verfahrens um 1842 Sir John Herschel, welcher seine komplizierten Berechnungen mittels Cyanotypie vervielfältigt haben soll. Und da die Cyanotypie wohl auch zu den photochemischen Verfahren gehört, bei welchen kaum Verfremdungen oder Veränderungen möglich sind, hat man lange Zeit mit Bezug auf den Blaudruck eher den Stellenwert eines handwerklichen Verfahrens zur Herstellung von Lichtpausen beachtet.

 

Chemie:

Lediglich die Mischung zweier Lösungen ergibt bereits eine für UV-Licht sensibilisierte Emulsion: Ammoniumeisen(III)citrat und Kaliumhexacyanoferrat(III). Man verwendet am besten die grüne Version des Ammoniumeisen(III)citrates, da diese empfindlichere Emulsionen ergibt. Gut bewährt und überall publiziert ist eine 25%-ige Lösung von Ammoniumeisen(III)citrat in Aqua dest. bzw. eine 16%-ige Lösung von Kaliumhexacyanoferrat(III), welche zu gleichen Teilen gemischt ein Mischungsverhältnis von 1:0,64 ergeben. Beide Lösungen sind getrennt im Kühlschrank in lichtgeschützten Flaschen einige Zeit haltbar, das Eisencitrat schimmelt vermutlich zuerst. Die ganze Chemie bekommt man beim Apotheker (den Apotheuer-Fachverkäufern aber ausführlich erklären, dass es grünes und braunes Ammoniumeisen(III)citrat gibt, ähem !) oder als fertiges Kunstprintset bei Edel-Photoversendern für viel oder auch ziemlich viel für relativ wenig Kohle zum Beispiel bei OMIKRON.

 

Verarbeitung:

Cyanos werden im Kontaktkopierverfahren, für das man ein Negativ in entsprechender Größe und einem Gamma von etwa1,5 bis 1,8 benötigt, auf praktisch jeder Oberfläche hergestellt. Das Negativ kommt durch Umkopieren auf Halbtonfilm (mangels AGFA GO 210 nimmt man GENIUS-PRINTFILM von MACO oder ADOX oder klopft einen leichter erhältlichen Strichfilm in einem geeigneten Entwickler weich oder kauft sich endlich die ersehnte Großformatkamera). Man kann auch Photogramme von Gegenständen aller Art fabrizieren. Besonders glatte zu beschichtende Unterlagen können zusätzlich mit einer (Photo-)Gelatinelösung „grundiert“ werden. Der Arbeitsgang des Beschichtens mit der Sensibilisierungslösung kann bei gedämpftem Glühlampenlicht erfolgen. Eine Dunkelkammer ist nicht (!) erforderlich. Getrocknet wird in der Regel in einem dunklen Raum oder einer geeigneten Kiste. Sensibilisierte Medien können so problemlos eine Woche bis zur Belichtung im Sonnenlicht oder einer anderen UV-Lichtquelle („Höhensonne“) gelagert werden. Für Papiere und Stoffe wird man in der Regel dafür einen geeigneten Kontaktkopierrahmen verwenden. Die Belichtungszeit ist stark abhängig von der Lichtquelle, und muss immer durch Proben ermittelt werden. „Entwickelt“ und „fixiert“ wird unter fließendem Wasser. Dieses ist in vielen Gegenden zu hart, dann werden die Bildchen oft nur blaß-blau. Hier hilft eine Zugabe von Citronen– oder Essigsäure in das „Entwicklungswasser“. Gewässert wird so lange, bis gelbe Schleier entfernt sind. Nicht länger, da sonst u. U. die blauen Farbpigmente ausgewaschen werden. Ein wahnsinnigeres Blau kann man mit einem Schlussbad in einer 1%igen Wasserstoffperoxidlösung erzwingen. Weitere chemische Spielchen zum Tonen und Schönen sind möglich, aber ökotoxologisch weitaus bedenklicher.

 

Aufbewahrung und Präsentation:

Cyanotypie ist praktisch eine der konservatorisch stabilsten photographischen Verfahren, sofern die Bilder korrekt behandelt werden. Noch heute sind in London einige der ältesten Werke aus der Hochblüte der Cyanotypie erhalten. Das Hauptproblem in der aktuellen Zeit ist die chemische Pufferung vieler Künstlerpapiere, um eine Alterung zu verlangsamen. Gerade diese Pufferung (in der Regel mit Karbonaten) schadet Cyanos. Dies sollte auch bei der Präsentation mit Passepartoutmaterial aus nur ungepuffertem Karton beachtet werden. In sehr heller Umgebung mit hohem UV-Anteil, beispielsweise in Zimmern mit recht starker Sonneneinstrahlung, ist eine Spezialverglasung zu empfehlen. Standardgläser von Bilderrahmen absorbieren einen zu geringen Anteil an UV-Strahlung. Anfangs können Cyanos einen merklichen Hell- / Dunkeleffekt vorweisen. Bei stärkerer Beleuchtung am Tag werden die Bilder etwas heller und im Dunklen wieder dunkler. Der Effekt sollte sich mit der Zeit verringern und nach einer Anfangsphase vollständig reversibel sein.

 

Besonders empfohlene Künstlerpapiere:

ARCHES Platine, Bergger COT-320, FABRIANO Artistico, FABRIANO Nr. 5